„Wir sind reich an Wissen,
aber arm an Weisheit und das Gedächtnis der Menschen
ist erstaunlich kurz.
Deshalb lasst uns das tausendmal Gesagte immer wieder sagen,
damit es nicht einmal zu
wenig gesagt wurde.“
1.
Warnende Stimmen
Hamburger
Architekturdebatte
Die im April 2004 von den mit
Sorgenfalten an der Diskussion durch Leserbriefe beteiligten Lesern der Hamburger
Presse öffentlich und engagiert geführte „Architekturdebatte“ zeigte
unmissverständlich, dass der
architektonische Irrweg, der das historische Stadtbild sowie seine maritime
Identität bedenken- und einfallslos zerstört, vielen Bürgern Hamburgs sowie
einigen Architekten die Augen für diese Zustände geöffnet hat. Diese
Kritikstimmen aus der Presse von Jung und Alt (ein Querschnitt aus aller
Bevölkerungsschichten) riefen einstimmig danach: „Das traditionelle Stadtbild erhalten!“ Besorgt um den Umgang mit
Geschichte in der heutigen Zeit fragte ich mich vor zwei Jahren, nachdem ich
die Stadt Tönning besucht hatte: Wie
kann man diese historische Stadt vom Schicksal beispielsweise Travemündes
schützen, wo mitten in einem ehemaligen Fischerdorf ein Wolkenkratzer gebaut
wurde und dadurch das Stadtbild, die Küste und den öffentlichen Raum
schonungslos verschandelte. Ausgewählte Lesermeinungen und Pressestimmen der
damaligen Diskussion füge ich hier bei. Mögen sie als Warnung dienen und vor
falschen Lösungen bewahren.
„An jeder Ecke unserer Heimatstadt wachsen
Glaspaläste – von anderen Architekten, sog. Stararchitekten (inflationäre
Bezeichnung) und Stadtplanern mit Preisen überhäufte Baukünstler toben sich hemmungslos aus.“ „Einheitsbauten
Langweilig, ohne Pfiff, austauschbar – vom Wasser aus wirken diese Klötze wie
Schuhkartons“. „Unglaublich, wie Hamburg nach und nach mit seelenlosen Glas-
und Stahlkästen verschandelt wird. Die Ost-West-Straße ist der Gipfel der
Hässlichkeit, der arme Michel wirkt schon fast wie ein Stilbruch inmitten der
geschmacklosen Architektur, die Hamburg immer mehr prägt.“ „Was da in Hamburg
in den vergangenen Jahren beschlossen und aufgebaut wurde, ist wahrlich
grausam.“ „Die in den vergangenen Jahren
fertig gestellten Bauwerke empfinde
ich als höchst unästhetisch, kalt und hässlich. Leider besteht der
offensichtliche Trend, Hamburg baulich mit anderen Großstädten zu uniformieren.
Immer gleicher, immer höher bauen – Schrottarchitektur. Welcher Hamburger will
eigentlich die Verschandelung des Stadtbildes? Was macht Hamburg so lebenswert?
Sicher nicht reflektierende Glasbauten mit 20 Stockwerken. Die Touristen in
unserer Stadt bewundern bestimmt nicht die Achtlosigkeit gegenüber unserer
historischen Hansestadt sondern unsere alten schönen Häuser, das viele Grün und
das viele Wasser.“ „Es sind wesensfremde Bauten, die eher Unbehagen auslösen
und nicht zum Verweilen einladen. Speziell in Hamburg wird das über Jahrzehnte
gewachsene Lokalkolorit häufig von Gebäuden zerstört, die zwar die Handschrift
eines Architekten tragen, aber letztendlich austauschbar sind und den Charakter
der Stadt aufweichen.“ „Da bleibt oft die Tugend der harmonischen Einfügung
neuer Bauten in vorhandene Ensembles auf der Strecke. Immer mehr Hamburger
stört Bauklotz-Architektur, sie wollen ihre Stadt schöner. Doch Architekten,
die nach historischem Vorbild bauen, werden von der Branche mit Häme
überschüttet. Hier ist Umdenken gefragt, und die Behörden sind gefragt,
regulierend einzugreifen“. „Maritim, weltoffen und gemütlich – so wünschen sich
die Hamburger den neuen Stil.“ „Man darf Hamburg den Architekten und Investoren
nicht als Spielwiese überlassen, sondern sollte ihnen auf die Finger schauen.
Das Problem liegt in der Kommerzialisierung und Computerisierung aller Bauentwürfe.
Die Architekten haben lange den Weg einer ersten Idee aus dem Kopf und einer
zeichnenden Hand verlassen, weil das Herumspielen an Computerentwürfen leichter
und moderner ist. Das Gefühl für Formen und deren Wirkungen im Umfeld ist ihnen
dabei verloren gegangen.“ „Leider nicht
alle Architekten genießen den Ruf, orts- und regionaltypische Prägungen streng
zu bewahren. Auch den Entscheidungsträgern anderer Städte würde es schon lange
gut anstehen, der Verspiegelung ihrer Heimatstädte Einhalt zu gebieten. Nun
hört man, die Nutzer sollten sich hinter Glas wohl fühlen. Tun sie das
wirklich? Glas besitzt noch eine besonders tückische Eigenschaft: Es blendet.“
„In den Kreisen der Architekten und Stadtplaner mehren sich noch andere
Kritikstimmen, die auf den schaurigen und einem Alptraum nahe kommenden
Befürchtungen basieren, dass am Ende dieses architektonischen Irrweges der
modernen Großstädte unter der Führung einfallsloser Gleichmacher, die
Hansestadt Hamburg genauso aussehen
wird wie hunderte andere Städte in der ganzen Welt, nicht voneinander
unterscheidbar, ähnlich wie die Ameisenhaufen oder gleichartige Bäume im Wald.
Die moderne Kunst des Kopierens
meldet sich heutzutage am lautstärksten zu Wort und präsentiert sich in ihrer
ganzen Arroganz als die wahre und ultimative Kunst, die von den Betrachtern und
Nutzern nur bewundert werden soll.“
Kritik am Trend und Zeitgeist
kam kürzlich auch von zwei Architekten-Verbänden, die sich ebenfalls besorgt
zeigten und Alarm schlugen wegen der Inflation von Glas- und Stahlbauten, die
sich zunehmend in die gewachsene Backsteinarchitektur der Hansestadt drängen
und das Stadtbild zerstören. Und so warnte der Bund Deutscher Baumeister (BDB)
in Hamburg vor dem Verfall und Zerfall des Stadtbildes, weil die Bauten sich
kaum noch unterscheiden würden und der Wiederholungseffekt müde mache. BDB
machte das allgegenwärtige Glas- und Stahl-Einerlei in Hamburg an der
Einfallslosigkeit der Architekten fest. „Sie wickeln die Fassade praktisch wie
eine Tapete um die Grundstücksgrenze, um eine möglichst große Baumasse zu
schaffen, weil die vermietbare Immobilienfläche zählt. Manche Straßenzüge, wie
die Ost-West-Straße, wirken wie eine Monopoly-Allee, weil jeder dort nur einen
Klotz hinsetzt. Die Häuser haben kaum noch eine Beziehung zur Umwelt. Der
architektonische Alptraum ist in Hamburg der Moderne stellenweise leider wahr
geworden.“ „Werde so weitergebaut, drohe die Bindung der gesamten Baukultur an
Hamburg zu kippen, wenn man alles in Glas und Stahl im Stil der, als Gegensatz
zur traditionellen Backsteinarchitektur gedachten, Hightech-Architektur baut.
Wichtig für Hamburg ist, die Stadtsilhouette unbeschadet zu erhalten. Diese
Qualitäten dürfe man nicht beschädigen, weshalb man in der City keine sich
hineindrängenden Hochhäuser zulassen dürfe. Denn das wesentliche Merkmal der
Stadtsilhouette ergebe sich aus der Dominanz der Türme des Rathauses und der
Kirchen in der Stadt.“ Damit die Identität der Stadt erhalten bleibt, fordert
der Architekt Volkwin Marg sogar eine Art Architekturverfassung – verbindliche
Grundsätze, an denen sich Architekten, die in Hamburg bauen wollen, zu
orientieren haben. „Wenn man die Architekten machen lässt was sie wollen (jeder
von ihnen ist doch ein Individualist und hält seine Vorstellung von Architektur
für die beste) sieht es hinterher eben aus wie nach einem Kindergeburtstag.“
Schuld an den gegenwärtigen Bauzuständen sei jedoch auch auf die mangelhafte
Besetzung und Qualität der Jurys bei Architektur-Wettbewerben zurückzuführen,
konstatiert er. Fest steht: Um dieser Entwurfsmode der Hightech-Beliebigkeit
ein Ende zu setzen sei ein Diskurs mit den Kunsthistorikern dieser Stadt und
anderen historischen Städten unentbehrlich.“ „Wegen der
ästhetisch-stilistischer Inkompetenz im Bau und architektonischer Orientierungslosigkeit
suchten im Sommer dieses Jahres mit einer Podiumsdiskus-sion die Architekten
zusammen mit dem Bund Deutscher Baumeister nach einem hanseatischen Stil und setzten somit die aktuelle
Architekturdebatte fort. Von Vertretern der Architektenverbände wird nämlich
immer wieder gefordert, die Beachtung der typischen, die Hansestadt prägenden,
traditionellen Elemente. Es ging weiter um die Suche nach Kriterien für eine
hanseatische, gleichzeitig aber weltläufige Bauweise. Und so plädierten manche
konstruktiv dafür, sich der Tugenden zu besinnen, die in der Hamburger Schule
der Schuhmacherzeit prägend waren – allerdings übersetzt in zeitgemäße Formen.
Andere forderten, sich auf die Qualitäten der europäischen lebendigen Stadt zu
besinnen, die nach dem Krieg durch eine Entmischung der Funktionen in
Vergessenheit gerieten. Schließlich kritisierten einige ihre Kollegen vom Fach
wegen der krankhaften Tendenz zur Selbstdarstellung: Es ist ein gemeiner Spott,
dass Architekten nicht für normale Menschen bauen, sondern nur um andere
Architekten zu beeindrucken. Abschließend griff ein Teilnehmer auf die
Volkwin-Marg-Idee zurück und plädierte für eine gestalterische Charta, die
quartiersweise Richtlinien festlegt, allerdings so, dass keine Einförmigkeit
entstehen kann. Schließlich kann die Hansestadt nicht lediglich auf die
40-jährige Geschichte der modernen Urbanisierung (wie im Falle Dubais), sondern
auf eine Hunderte von Jahren dauernde, in die historische Entwicklung Europas
eingebettete Stadt- und Kulturgeschichte zurückblicken.“
2.
Warnende Stimmen
Quantitatives
Wachstum versus
nachhaltig-qualitative
Entwicklung
„Die Erfahrung lehrt uns, dass
allein die Absicht, eine Stadt wachsen zu lassen oder zu modernisieren, d.h.
die Altbauten gegen die Neubauten auszutauschen, die alte Bausubstanz durch
eine neue zu ersetzen, bzw. sogar eine ganz neue Stadt entstehen zu lassen,
dass allein diese Absicht nicht ausreicht, diese Stadt lebenswert zu machen,
geschweige denn, zur Touristenattraktion zu erklären, mehr noch, für die
Zukunft gut zu rüsten. In der heutigen Zeit ist es nicht einfach geworden
anspruchsvolle, zeitlos schöne und harmonische Architektur als echte Baukunst
zu kreieren. Die unrühmliche Geschichte des Großstadtwachstums um jeden Preis
in der Moderne gibt allen Wachstumsfanatikern, die die vielfältigen und
gewichtigen Auswirkungen der horizontalen wie vertikalen, räumlichen Dimension
einer Stadt auf die Umwelt übersehen haben, eine Warnung auf den Weg: Beim
Erreichen einer kritischen Größe ist allen großstadtbedingten Problemen wie
beispielsweise Lärm, Abgase, Staub, Smog, Versorgungswege und Mobilität,
Verkehrs-Infarkt, Abfall- und Abwässerentsorgung, Missverhältnis der urbanen
Beton-, Stahl-, und Asphaltmasse zur natürlichen Umwelt mit unweigerlich nach
sich ziehenden, fehlenden, humanen Wohn- und Erholungsqualitäten nur sehr
schwer erfolgreich und dauerhaft entgegenzuwirken – das tägliche Chaos einer
Mega-Stadt ist kaum beherrschbar. Unwirtliche Metropolen mit ihren
Stadtautobahnen und stinkenden Blechlawinen, mit ihrem wild
wuchernden Hochhaus-Dschungel;
monströse Stahlskelette der
Bürotürme und im Eiltempo hingeklatschte protzige Wolkenkratzer der
völlig künstlichen Städte, die großflächig wie ausgestorben wirken und nicht
selten eine kulturelle Wüste darstellen sowie architektonisch gesehen, nichts
als gesichtslose Glas-Beton-Landschaften
präsentieren, gibt es weltweit viele. Brasilia, Shenzhen, Saõ Paulo,
Hongkong, Mexico City, Los Angeles, Tokio
wären ein gutes Beispiel dafür. Und es gibt ansonsten genug Geister- und
Horror-Großstädte in Form zubetonierter Megalopolen auf der ganzen Welt,
Stadt-Moloche, die mit all den Konsequenzen der Fehlplanung und wilden
Wucherung (öde Architektur, Smog, Abwässer, Müllberge, Kriminalität, Landschafts-
und Umweltzerstörung) als Negativbeispiele dienen könnten. In der früheren
Geschichte haben diese architektonischen Gebilde kein Beispiel. Mega-Städte
stufen wir immer als Fehlentwicklung ein, weil sie uns zu groß, zu hoch, zu
dicht, zu hässlich erscheinen und eine inhumane Zukunft zum Fürchten
versprechen. Architekturmonster wie New York oder Hongkong sollten daher
keinesfalls als Muster-vorlagen dienen. Deutsche Städte sollen nicht eifrig
versuchen, sie architektonisch nachzubilden und nachzuahmen! Dies wäre ein
Irrweg: eine Falle aus Stahlbeton im Großstil! Hongkong, Shanghai und andere
restlos zubetonierte und zuasphaltierte Mega-Städte der Welt stellen
städtebaulich mit Sicherheit kein
Zukunftsmodell dar und sollten bei allen stadtplanerischen Überlegungen nicht
im Blickpunkt stehen. Deutsche Städte sollten unter keinen Umständen versuchen
es mit solchen Städten aufzunehmen, versuchen sie nachzubilden und neue Höhen- und Größenrekorde zu brechen –
sie werden letztendlich in vielerlei Hinsicht auf der Verliererseite stehen.
Ein solcher Städtewettbewerb macht wahrlich keinen nachvollziehbaren Sinn! Die
Frage, die sich aufdrängt, lautet doch: Schaffen die Hochhäuser eine
lebenswerte Stadt und ist es überhaupt sinnvoll, hohe Gebäude zu errichten und
sich der mancherorts zu sehenden Gigantomanie anzuschließen? Oder verwandeln
sie durch ihre kalte, unpersönliche Architektur unsere Wohnorte und
Arbeitsstätten in eine menschenfeindliche Stadt? Manche Unternehmenslenker, die
sich vom Slogan Big is beautiful haben
verführen lassen, meinen zwar immer
noch, ihr repräsentativer Firmensitz muss wegen der Demonstration der Stärke,
Prestige und Größe in einem Skyscraper Platz haben. Doch viele Firmen von
Weltformat haben bereits dem architektonischen Weg der Banausen und Profanen
ins Niemandsland eine Ablehnung erteilt und verzichten bewusst auf protzige
kolossale Bauten. Es gibt heutzutage andere, und zwar architektonisch viel anspruchsvollere
meisterhafte Methoden aufregende
Prestigeobjekte zu errichten, die das gewachsene Selbstbewusstsein des Landes
symbolisieren und somit das eigene
Selbstwertgefühl steigern, als die optisch erdrückend und als Fremdkörper in
der Landschaft wirkenden Wolkenkratzer zu bauen – Meisterwerke, die nicht nur
in sich verschiedene Elemente der Kultur und Tradition des Landes integrieren,
sondern auch ideal an die landschaftliche Umgebung angepasst sind.
Selbstverständlich gehören hierzu der spielerische Umgang mit Form und Struktur
sowie der ökologisch orientierte Umgang mit Material und Umgebung zu
konstitutiven Merkmalen solcher Architektur – diese sucht man vergeblich in den
schlichten Pro-dukten geistiger architektonischer Armut.“ „Europas Städtebau – und
damit die gesamte städtische Zivilisation der Alten Welt – durchlebt eine
fundamentale Krise, wie sie seit der Großstadtwerdung im 19. Jahrhundert nicht
aufgetreten ist. Das Thema Stadtumbau geht ganz Deutschland an und ist eine
komplexe Aufgabe für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in den nächsten
Jahrzehnten. Dies ist die Situation, in der Planer, Architekten und
Kommunalvertreter die Initiative zur Gründung eines Council for European Urbanism Deutschland (CEUD) ergriffen haben.
Dieser will sich dem Wohl der gegenwärtigen und zukünftigen Generationen
widmen, indem er lebenswerte Regionen, Städte und Dörfer sowie die Eigenart des
ländlichen Raumes in Europa fördert und somit sich eine breite Basis in der
Öffentlichkeit verschafft. Regionen, Städte und Dörfer werden durch soziale
Ausgrenzung und Isolierung, Zersiedlung, Vergeudung von Boden und kulturellen
Ressourcen, durch monofunktionale Entwicklung, fehlendem Wettbewerb und dem
mangelnden Respekt für lokale und regionale Kulturen zerstört. Die neue Charta
stellt sich mit ihrem Namen bewusst in die Tradition der Charta von Athen (1934),
des Evangeliums modernen Städtebaus. Zugleich bedeutet sie eine Kehrtwende um
180 Grad. Denn nun soll mit der Trennung der Funktionen Wohnen, Arbeiten,
Erholen, für die sich einst der Vater der Athener Charta, Le Corbusier, stark
gemacht hatte, Schluss gemacht werden. Stattdessen setzt sich die neue Charta
für gemischte Arbeits-, Wohn- und Freizeitstätten ein. Gebiete des
industriellen Massenwohnungsbaus müssten abgerissen und umgebaut werden.
Innenent-wicklung müsste vor Außenentwicklung gehen. Der peripheren Ausdehnung
der Städte und Orte wird der Kampf angesagt. Neu und kontrovers gegenüber dem
Städtebau der voraussetzungslosen Moderne ist das Beharren auf dem historischen Bild und den sozialen Traditionen der Städte und Dörfer. Die Innenstädte und Dorfkerne sollten im
Sinne der Denkmalpflege bewahrt und behutsam erneuert werden. Die
Unterzeichner der Charta vertreten die Prinzipien einer regionalen
Kreislaufwirtschaft, um auf diese Weise die ruinöse Konkurrenz der Städte um
Gewerbegebiete und Einwohner in den Griff zu bekommen. Die Erlöse, Ressourcen
und Kosten sollten zwischen den Gemeinden und Kommunen innerhalb der Regionen
in kooperativer Weise geteilt werden, so dass der zerstörerische Wettkampf um
steuerliche Einnahmen vermieden und die sachgerechte Koordination von Verkehr,
Erholung, öffentlichen Diensten, Wohnungsbau und kommunalen Einrichtungen geför-dert
wird. Die Charta bekennt sich in der Flächennutzungsplanung zum traditionellen Bild der europäischen Stadt
der kurzen Wege, der Nutzungsmischung und der hohen Baudichte. Nur so könnte
der öffentliche Personennahverkehr wieder zu einer echten Alternative zum Auto
werden. Einrichtungen der sozialen Infrastruktur – Schulen, Kindergärten, Ämter
usw. – müssten so ange-siedelt und integriert werden, dass sie fußläufig oder
mit dem Fahrrad erreichbar sind. Für die Architektur der Neubauten verlangen
die Unterzeichner eine respektvolle Haltung gegenüber dem städtischen Kontext.
Sie müsste dem örtlichen Klima, der örtlichen Topografie, der Baukultur und Ge-schichte
Rechnung tragen, ökologische Bauformen, ressourceneffektive, möglichst an
regenerativen Systemen orientierte und nachhaltig wirkende Technologien sollten
eingesetzt werden – so die wichtigsten Zielsetzungen der neuen Charta für
deutschen und zugleich europäischen Urbanismus.“
Jerzy Chojnowski
im Sommer 2004
Im Bild: architektonische Tradition (die Speicherstadt) versus architektonischer Amoklauf und bauliches Overkill (die Hafen City) in Hamburg
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