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Samstag, 31. Dezember 2016

HELENA IM SOMMER 2008




Drei Monate bevor das Schiff in Hafen von Wilhelmshaven sank, hatte ich es am 7. Juni 2008 in Augenschein genommen,  erstellte für das Schiff ein Kurzgutachten, in dem ich vor dem Schiffsuntergang gewarnt habe und unterbreitete brieflich der Stadtverwaltung mein Vorhaben, das Schiff zu retten und mit Beteiligung von Jugendlichen instand zu setzen. Die Stadt rührte sich leider nicht. 


Jerzy Chojnowski
(Skipper/Eigner-HELENA)

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18. Juni 2008



Herrn
Bert Bolte
CRAMER-BOOTE GmbH

Sehr geehrter Herr Bolte,

vielen Dank für Ihre Nachricht vom 14. 06.2008.
Anbei ein Kurzgutachten, das ich über das Schiff verfasste
und meine Wertvorstellung. Bitte leiten Sie diese Zeilen an den Eigner weiter.

Über eine Rückmeldung würde ich mich freuen.

Mit freundlichen Grüßen,

Jerzy Chojnowski

PS. Noch zwei Fragen: 
Ist das Schiff im Schiffsregister eingetragen? 
Welche Schiffspapiere sind vorhanden?




Kurzgutachten für Kutter „Helena“



Lage



Am 7. Juni 2008 erfolgte die Besichtigung des o.g. Schiffes; Liegeplatz Wilhelmshaven, Marina Cramer. Das Schiff ist schwimmfähig und liegt am Steg festgemacht längsseits.

Rumpf

Der Holzrumpf (Eiche auf Eiche, Baujahr 1943) macht einen soliden ersten Eindruck, der bei Inspektion bestätigt wird: Spanten 17X10 cm im Heckbereich und Plankenstärke 5.0 cm bürgen für eine stabile Konstruktion. Einige sichtbare Planken scheinen äußerlich teils verfault zu sein. Sollte das Unterwasserschiff unbeschädigt sein (was nicht festgestellt werden konnte) haben wir mit einem robusten Schiff zu tun. Ein Spant auf der Steuerbordseite am Heck ist durch Abspaltung ausgehöhlt, dadurch geschwächt und muss repariert werden. Der Zugang zu anderen tragenden Konstruktionsteilen: Kiel, Kielschwein, Längsstringer, Bodenwrangen, Spanten, Vorder- und Hintersteven, Decksbalken ist nur bedingt oder gar nicht möglich, da sie verbaut sind mit Verschalung oder mit Zubehörteilen, weshalb ihr Zustand nicht inspiziert werden konnte. Einige Decksbalken sind morsch. Der Rumpf außen muss nach dem Aufslipen des Schiffes vom starken Bewuchs und Farbe befreit, gesäubert und geglättet werden. Anschließend muss er innen wie außen mit Teer- und Bitumenprodukten imprägniert und neu kalfatert werden.

Der starke Modergeruch im Rumpf beweist, dass das Holz innen zu faulen begann. Sämtliche Verschalungen müssen daher entfernt werden, damit der Rumpf innen mit Teer- und Bitumenprodukten konserviert werden kann. Nach der Konservierung und dem Austausch schadhafter Planken soll der Spantenzwischenraum mit Hartschaum unter Anbringung einer dauerhaft konservierenden Schicht (Bitumenkleben) verkleidet und thermisch isoliert werden. Im gesamten Schiff fehlen Lüfter.

Die  Korrosionsspuren ausgehend von Vernagelung und Verbolzung der Rumpfteile miteinander ist durch Korrosion der Nägel und Bolzen außen und innen deutlich sichtbar und schwächt die Gesamtkonstruktion. Neue verzinkte Nägel und Bolzen müssen die korrodierten ergänzen oder ersetzen. Der Rumpf leckt unter Wasserlinie, was die Ansammlung des Bilgewassers zeigt. Der Rumpf ist aber auch über Wasser an einigen Stellen der Bordwände undicht, muss daher aufgeslipt, untersucht, evtl. repariert und kalfatert werden.

Deck

Das Teakdeck fehlt und muss neu verlegt werden. Das Schanzkleid ist größtenteils verfault und muss komplett ausgetauscht werden. Der unterdimensionierte Schanzdeckel muss ausgetauscht werden.

Beschläge

Sämtliche Eisenbeschläge, insbesondere Wantenbeschläge, sind korrodiert, müssen ausgebaut und ersetzt oder durch galvanische Verzinkung erneuert werden. Die bestehenden Beschläge aus Nirostahl sind unpassend und können nicht übernommen werden. Bugbeschlag, Heckbeschlag und Kielbeschlag müssen neu angefertigt und angebracht werden. Die alte Reling muss entfernt, eine neue feste Reling muss aus Nirostahl angefertigt werden und die gesamte Länge des Schiffes auf beiden Seiten umfassen. Geeignete Klampen fehlen überall.

Ruder

Die Ruderanlage reagierte ausgesprochen träge auf Steuerradausschläge, was nicht akzeptabel ist. Schubstange und Hydraulikzylinder scheinen nicht unterdimensioniert zu sein. Ruderblatt und Ruderschaft sind verrostet, eigenen sich nicht mehr zum Betrieb und müssen samt Hinterstevenbeschlag erneuert werden. Der Ruderschaft, seine Aufhängung und seine Lager müssen verändert werden, damit das Schiff seetüchtig wird. Ein zweiter Steuerstand am Heck muss eingerichtet werden. Eine Notpinne mit entsprechender Vorrichtung am Ruderschaft fehlt, ist aber Pflicht.

Rigg

Das aufgesetzte Rigg ist zur Rumpfform und zur Rumpfgröße völlig unpassend und kann so weder akzeptiert noch übernommen werden. Der Großmast muss verlängert und durch das Deck gehen. Dafür müssen neue Deck- und Mastbeschläge (Mastkragen, Mastfuss etc.) angefertigt werden. Sämtliches stehendes und laufendes Gut muss neu angepasst werden. Segel müssen passend zum Rigg umgeneht werden. Der Bugsprit ist durch fehlende Holzpflege mit Rissen versetzt und muss ausgetauscht werden. Der Besanmast ist stark angegriffen und auf diesem Schiff überflüssig. Die Positionierung des Großmastes ist fehlerhaft. Der Großbaum kann vielleicht übernommen werden. Geeignete Schotwinschen fehlen, auch die Nagelbänke und Umlenkblöcke. Schienen und Travellers für Schot-Holepunkte fehlen. Vorhandene Spannschrauben (Wantenspanner) sind ungeeignet und können nicht übernommen werden.

Ankerwinde, Anker, Ankerkette usw.

Die Ankerwinde ist korrodiert, muss auseinandergebaut und verzinkt bzw. geschmiert werden. Die Verankerung und Konstruktion der Ankerwinde muss seitlich verstärkt werden. Der Hauptanker kann übernommen werden. Die Ankerkette muss inspiziert und gegebenenfalls neu verzinkt, dann markiert werden. Ankerklüsen fehlen. Blechschutzbeschlag gegen Beschädigung der Bordwand durch den Anker fehlt. Zweiter Reserveanker fehlt. Der vorhandene Patentanker kann nur als Heckanker eingesetzt werden. Der Ankerkasten muss Lüftungsöffnungen, eine Kontrollöffnung und Wasserabfluss haben, die nicht vorhanden sind.

Maschine und Maschinenraum

Der Henschel 6 Zylinder Motor, Baujahr 1960 läuft, was ein Probelauf bewiesen hat. Ob das Reintjes-Getriebe funktionsfähig ist, konnte nicht festgestellt werden. Äußerlich sind Motorenteile stellenweise stark korrodiert. Das Bilgewasser wird durch Auslass auf Steuerbord abgepumpt und die Auspuffgase entweichen durch Auslass auf Backbord. Es ist unklar, ob Ersatzteile für die Maschine noch vorhanden sind. Tanks sind stark korrodiert und müssen ausgetauscht werden.

Schraube

Mit ziemlicher Sicherheit muss die alte Schraube durch eine neue etwas kleinere aus Bronze ersetzt werden. Neue Zinkanoden müssen dann in ihrer Nähe angebracht werden.

Kielballast

Kielballast/Innenballast aus Beton ist vorhanden muss aber entfernt und durch einen neuen ersetzt werden. Zu diesem Zweck muss das Schiff aufgeslipt werden. Der Rumpf muss neu vermessen werden, weil aller Voraussicht nach jegliche Baupläne/Riss etc. fehlen.

Deckhaus, Decksaufbau

Das Ruderhaus ist 40 cm auf beiden Seiten zu schmal und muss vergrößert werden. Dies gilt auch für Decksaufbau. Neue stabile Decksluken müssen eingebaut werden. Die Verglasung des Deckhauses entspricht nicht den Vorschriften und muss verstärkt werden. Deckhaus muss mit Decksbalken dauerhaft und kraftschlüssig verbunden werden. In der Decke des Ruderhauses und in seinem Fußboden fehlen Einstiegsluken für den Fall, dass die Maschine ausgetauscht werden sollte.

Elektroinstallation

Akkus werden über Landanschluss und Batterieladegerät geladen. Ihre korrodierte Halterung muss ausgetauscht werden. Die Verkabelung des Großmastes ist unfachmännisch und muss ersetzt werden. Wohnräume des Schiffes müssen neu verkabelt werden, auch die Navigationsbeleuchtung.

Innenausbau

Sämtlicher Innenausbau muss entfernt werden. Die Raumaufteilung des Schiffes muss neu definiert werden. Der Durchgang zum Vorschiff hat keine Stehhöhe – diese  muss gewährleistet werden. Eine wasserdichte Schott im Vorschiff ist Pflicht. Kojen und Schränke müssen neu aus Mahagoni passgenau und schiffig angefertigt werden.

Navigationsausrüstung

Der vorhandene Kompass ist zu klein. GPS kann vermutlich übernommen werden. Echolot wahrscheinlich auch. UKW voraussichtlich nicht wegen des neu eingeführten Digitalfunks, weshalb für alte Geräte keine Zulassungsmöglichkeit mehr besteht. Außenruderstand fehlt wie o.g. und muss eingebaut werden.

Rettungsmittel

Außenborder kann vermutlich übernommen werden. Das Beiboot fehlt. Das vorhandene Schlauchboot ist nicht stabil genug. Rettungsinsel fehlt.

Wertschätzung: Ausgehend von diesen Daten und von dem bevorstehenden immensen Kosten- und Arbeitsaufwand, um das Schiff wieder seetüchtig und bewohnbar machen zu können (Kostenpunkt ca. 50 000 Euro bei viel Eigenleistung) beziffere ich den derzeitigen Wert des Rumpfes und des Zubehörs auf 15 000 Euro. Der Eigner sollte bedenken, dass der gegenwärtige Zustand des Schiffes ein schnelles Handeln erfordert, um den Verfall und Wertverlust des Schiffes zu stoppen. Dringt das Wasser ins Schiffsinnere herein und sinkt das Schiff, wird es zum Wrack und sein Wert dann nicht einmal dem Bruchteil der Bergungskosten entsprechen.



Jerzy Chojnowski
(Skipper, Segellehrer, Jacht-Consultant)

















































































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