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Sonntag, 23. Oktober 2016

STADTENTWICKLUNGSPROJEKT HAMBURG MARITIM





An die
Handelskammer Hamburg
Adolphsplatz 1
20457 Hamburg

Präses
Fritz Horst Melsheimer
Hauptgeschäftsführer
Prof. Dr. Hans-Jörg Schmidt-Trenz

An den
Ersten Bürgermeister
der Freien und Hansestadt Hamburg
Herrn Olaf Scholz
Senatskanzlei
Rathausmarkt 1
20095 Hamburg
Büro des Ersten Bürgermeisters
Andreas Meier
Büroleiter

STADTENTWICKLUNGSPROJEKT HAMBURG MARITIM




In Städten am Meer treffen Natur und Zivilisation wie nirgendwo sonst unmittelbar aufeinander. Die Stadt am Meer ist Ausdruck des Willens, das Meer als Naturgewalt zu beherrschen, die Ressourcen des Meeres zu nutzen und das Element den Zielen der Menschen dienstbar zu machen. Hafenstädte aus aller Welt präsentieren eine Vielfalt von unterschiedlichen historischen Entwicklungen, natürlichen Lagen und stadtplanerischen Lösungen. In jeder von ihnen entstand eine Lebenshaltung der Bewohner, die sich der ständigen Auseinandersetzung mit dem Fremden und Unbekannten gegenübersehen und denen die Offenheit für alles Neue zur Selbstverständlichkeit wird. Städte am Meer können sich deshalb voller Stolz in ihrer Sonderstellung als Verbindung zwischen Meer und Land präsentieren.“

Sehr geehrte Adressaten,
Sehr geehrte Damen und Herren,

Ihre Idee der Untertunnelung der Willy-Brandt-Straße ist nicht neu. Dieser Plan war ein Bestandteil meines Projektes Hamburg Maritim aus dem Jahre 2004, das ich – inspiriert durch die damalige Architekturdebatte in der Hamburger Presse*) – der Handelskammer Hamburg und dem Hamburger Senat habe damals zukommen lassen.

Die Hamburger Morgenpost hat Ihr Konzept bereits als „spektakulär“ getauft, obgleich es heutzutage absolut nichts Spektakuläres dabei ist, den Verkehr unterirdisch fließen zu lassen. Als spektakulär gelten üblicherweise Vorhaben, die in puncto ihres ingenieurtechnischen Schwierigkeitsgrades, ihrer Komplexität, ihres Umfangs oder ihres gestalterischen Anspruchs neue Qualitäten hervorbringen und die in sich jeweils einen besonderen, herausragenden,  das Aufsehen erregenden Überraschungsmoment beinhalten.

Stellen Sie sich also vor, dass ein Großsegler das Alsterfleet entlang fährt, bei den Alsterarkaden – gegenüber vom Büro des Ersten Bürgermeisters – durchgeschleust wird, eine riesige Jungfernstieg-Zugbrücke (ein neues Wahrzeichen Hamburgs) öffnet sich, das Schiff passiert die Einfahrt in die Binnenalster und macht schließlich dort, wo jetzt die Alsterschiffe verbleiben, fest. Stellen Sie sich dieses Spektakel vor! Segelschiffe machten den überwiegenden Teil der maritimen Geschichte der Menschheit aus (auch der Hansestadt Hamburg). Und Segelsport und Traditionsschiffe stellen ihre natürliche Verlängerung bis in die Gegenwart dar.

Im Einklang mit dieser Vision ging es in meinem damaligen Projekt darum, den gesamten City-Bereich derart architektonisch umzugestalten, dass das historisch-maritime Bild des Stadtkerns deutlich in den Vordergrund tritt und das Herz der Stadt dadurch ihr unverkennbares traditionelles maritimes Profil wieder erlangen sollte. Nachstehend skizziere ich kurz die wichtigsten Schritte zur Eröffnung einer solchen Perspektive.

Um dieses ehrgeizige Ziel zu erreichen, sind folgende Baumaßnahmen vorgesehen:

Binnenalster
  1. Umwandlung der Binnenalster in eine Alster-Marina für Traditionsschiffe, die über das Alsterfleet auch von Großseglern angelaufen werden könnte.
  2. Ausbaggerung der Binnenalster auf eine Tiefe, die das Anlaufen solcher Schiffe ermöglichen würde.
  3. Errichtung einer Taverne im Bootshaus-Stil auf Pfählen mitten auf der Binnenalster – erreichbar über einen Holzsteg, der die Taverne mit dem Pier für Alsterschiffe verbindet.
  4. Komplette Neugestaltung des Uferbereichs durch Stege, Anlegestellen und Uferbewuchs.
  5. Kennedybrücke und Lombardsbrücke sollten einer Drehbrücke weichen. Somit soll auch die Außen-alster für seegehende Schiffe zugänglich gemacht werden.
  6. Der Bahnverkehr und Autoverkehr zwischen dem Hauptbahnhof und dem Dammtor-Bahnhof sollte nicht über die o.g. Brücken und autobahnähnliche Schneisen (Esplanade, Lombardsbrücke, Glockengießerwall, An der Alster, Alsterglacis etc.) fließen sondern über Tunnels, die unter der Alster geführt werden.
  7. Die Anlegestellen für die Alsterschiffe sollten an das Nordufer der Binnenalster und das Südufer der Außenalster verlegt werden.
  8. Einige Gebäude, vor allem an der Esplanade, die den Alsterstil empfindlich stören, müssen zurückgebaut oder eine historische Fassade im Ballindamm-Stil erhalten.
Jungfernstieg
  1. Der Jungfernstieg soll architektonisch wasserseitig umgestaltet werden. Erstens soll dort, wo sich die Alstertreppen befinden, eine bühnenartige Fläche entstehen, die ermöglichen sollte, regelmäßig Live-Konzerte zu veranstalten.
  2. Und zweitens sind zwei Alsterpavillons im maritimen Stil vorgesehen. Der eine in etwa an der Stelle, wo sich der jetzige befindet und der andere symmetrisch gegenüber auf der anderen Seite, wo gegenwärtig die ATG und das Hapag-Lloyd Reisebüro platziert sind. Zwei Alsterpavillons also: Das eine mit Live Musik, Gastronomie- und Unterhaltungsangeboten für Jung und das andere genauso für Alt.
Alsterfleet
  1. Um das Alsterfleet wieder voll schiffbar zu machen ist die Untertunnelung der Willy-Brandt-Straße (vormals Ost-West-Straße, die als sechsspurige Autobahn die Stadt zerschneidet) von der Budapester Straße bis zum Deichtorplatz vorgesehen – somit wird gleichzeitig auch das Alsterfleet untertunnelt.
  2. An der Stelle der Kleinen Alster soll eine neue Schleuse entstehen, die die bisherige ersetzen und ermöglichen sollte, Großsegler durchzuschleusen.
  3. Die bereits vorhandene Schleuse an der Schaartorbrücke muss entsprechend vergrößert werden.
  4. Alle festen Brücken zwischen der Binnenalster und der Elbe sollten entweder ersatzlos zurückgebaut oder durch bewegliche Brücken ersetzt werden, um das Alsterfleet voll schiffbar zu machen, beispielsweise die Niederbaumbrücke (eigentlich zwei Brücken gleicher Namen). Auch die Otto-Sill-Brücke ist als eine feste Brücke passé und soll der Vergangenheit angehören, in der sich die Freie Hansestadt ihren freien Zugang zum Meer eigenhändig verbaut hatte. Auch sie muss durch eine bewegliche Brücke ersetzt werden.
  5. Die Tiefe des Alsterfleets muss durchgehend die Durchfahrt von Großseglern ermöglichen.
  6. Die U-3, die als Hochbahn zwischen Rödingsmarkt und den Landungsbrücken verläuft, muss ab Hauptbahnhof unterirdisch anders verlaufen, um Hauptbahnhof mit den Landungsbrücken zu verbinden und den ungehinderten Schiffsverkehr zwischen der Elbe und dem Binnenalster zu ermöglichen.
Rathaus/Handelskammer/Börse/Hamburger Sparkasse
  1. Rathaus und Handelskammer werden zur Insel an einem neu entstandenen Rathausfleet, dessen Wasserspiegel (wie das Alsterfleet) tidenunabhängig ist.
  2. Dies soll geschehen, indem folgende Straßen: Rathausmarkt, Teil der Mönckebergstraße, Große Johannisstraße, Adolphsplatz und Adolphsbrücke in ein Fleet umgewandelt werden, das in das Alsterfleet mündet. Auch Großer Burstah soll zum Fleet umgewandelt werden und sich mit dem Alsterfleet verbinden.
Binnenhafen/Sportboothafen
  1. Der Binnenhafen, der derzeit wahrhaftig keine maritime Visitenkarte des Stadt darstellt sondern als ein Ablageliegeplatz für schwimmenden Schrott aller Art herhalten muss, soll neu geordnet und gestaltet werden.
  2. Dies gilt auch für den benachbarten Sportboothafen.
Traditionsschiffe
  1. Instandsetzung, Pflege und soziale Nutzung von historischen Schiffen und Traditionsschiffen und ihre Finanzierung aus öffentlichen Mitteln sollten in die Verfassung der Hansestadt verbindlich festgeschrieben werden.
  2. In der Hafen-City entsteht ein neuer tidenunabhängiger historischer Hafen für Traditionsschiffe, wo günstige Liegeplätze für diese Schiffe angeboten werden.
  3. Mit diesem Hafen verbunden entsteht dort eine neue Werft, deren alleinige Aufgabe sein sollte, historische Schiffe und Traditionsschiffe zu restaurieren und instand zu setzen.
  4. Die Nutzung all diese Schiffe soll auch sozialen Zwecken maritimer Ausbildung und Erziehung dienen.
 Speicherstadt
  1. Fassaden einiger Neubauten in direkter Nachbarschaft zur Speicherstadt (Hanseatic Trade Center, Kehrwiederspitze, u.a.) müssten historisch nachgebessert bzw. neu konzipiert werden.
 Hafenpromenade
  1. Die am Baumwall beginnende gerade neu gestaltete Hafenpromenade wirkt äußerst düster, kühl und abweisend, weshalb auch dort Nachbesserungen nötig sind. Besonders auffallend sind das misslungene Beleuchtungskonzept und die deplaziert aufgestellten Lichtmasten, deren Aussehen genauso geschmack- wie geschichtslos von dem Betrachter allenfalls mit den Rommelspargeln assoziiert wird.
 Hauptbahnhof/Gleisflächen
  1. Die Bahnhofshalle soll über den Gleisen eine Decke bekommen und der neu entstandene Großraum kann auf mehreren Stockwerken einer kommerziellen Nutzung zugefügt werden.
  2. Alle Gleisflächen, die von Hauptbahnhof aus in die Nord- und Südrichtung verlaufen, bekommen im City-Bereich einen Deckel und der Bahnverkehr kommt somit unter die Erde.
  3. Auf jenen Flächen können oberirdisch anspruchsvolle Architektur und Grünbereiche entstehen.
Auto- und Busverkehr
  1. Der Stadtbus- und Autoverkehr wird im City-Bereich derart umgeleitet, dass dies eine wesentliche Entlastung des Kernbereiches der Stadt zugunsten der Lebensqualität bedeuten würde.
Dieses Staatentwicklungsprojekt sieht auf den ersten Blick vielleicht unscheinbar aus. Tatsächlich wäre dies das Hamburgs Leuchtturmprojekt schlechthin und vom Schwierigkeitsgrad, Bau- und Planungsumfang und auch von den damit verbundenen Kosten her eine Jahrhundertaufgabe. Allerdings eine sehr lohnenswerte und richtungweisende für die Zukunft der Stadt und ihr maritimes Erscheinungsbild.

Wenn Sie mit meinen Ausführungen etwas anfangen können und daran interessiert sind, einzelne Aspekte des Vorhabens zu vertiefen und das Projekt zu verfolgen, stehe ich Ihnen für Rückfragen gerne zur Verfügung.


Mit freundlichen Grüßen



mgr Jerzy Chojnowski
(Skipper/Marine Consultant)


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*) nachzulesen in meinem Blog unter:
http://hydrospace-info.blogspot.de/2016/08/stadtentwicklung-warnende-stimmen.html

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Bürgerbüro
27.10.2016 13:42
Stadtentwicklungsprojekt Hamburg Maritim
An: hydrospace@wtnet.de


Sehr geehrter Herr Chojnowski,

vielen Dank für Ihre E-Mail vom 23. Oktober 2016 an Herrn Bürgermeister Olaf Scholz und die darin übermittelten Vorschläge zur Verbesserung und Verschönerung unserer Stadt. Ich habe unseren Schriftwechsel den hierfür zuständigen Fachbehörden zugeleitet, damit Ihre Vorschläge dort in die Meinungsbildung mit einfließen können.

Mit freundlichen Grüßen
René Alfeis
Bürgerbüro

Senat der Freien und Hansestadt Hamburg - Senatskanzlei
Büro des Ersten Bürgermeisters
Rathausmarkt 1, 20095 Hamburg

Telefon: +49 40 428 31 - 2411
Fax: + 49 40 427 3 11949
E-Fax: + 49 40 4279 15 - 215